1. Tag in Lissabon

Freitag, 8. Februar 2019 

Port of Lisboa

Liegezeit: 9:00 bis 24:00 Uhr

Um 5 Uhr 20 Uhr werde ich wach und bei einem Blick aus dem Fenster kann ich am Ufer schon den Torre de Belém erkennen und nicht weit voraus die Ponte 25 de Abril sehen. Für bessere Fotos müssen wir aber wohl hoch auf Deck 12 oder 14. Also erstmal Anja aufwecken, schnell ein paar Klamotten angezogen und noch etwas schlaftrunken die Treppen hochlaufen. Die Brücke des 25. April verbindet Lissabon mit dem Vorort Almada.  Die Hängebrücke über den Fluss Tejo ist 2278 Meter lang und wird oft  mit der Golden Gate Bridge in San Francisco verglichen. Ganz so spektakulär ist die 

Durchfahrt aber nicht. Die Brücke und auch die Cristo-Rei Statue am Ufer des Tejo sind so früh noch nicht beleuchtet. Nach ein paar Fotos legen wir uns erstmal wieder ins warme Bett und trinken einen Espresso. Der Käpt’n dreht in der Zwischenzeit mit dem Schiff, als Vorbereitung für die Taufe am nächsten Tag, noch ein paar Proberunden vor der Brücke. Ab 7:00 Uhr bringen wir auf Deck 14 noch die Crosstrainer in Schwingung und gegen 7:30 Uhr geht die Sonne auf und beleuchtet sie Altstadt von Lissabon.

Nach der Dusche sind wir dann auch richtig wach und gehen hoch zum frühstücken in die bewährte X-Lounge. Wir haben noch genügend Zeit, denn Anlegen ist erst um 9:00 Uhr.

Zum Kennenlernen von Lissabon und der Umgebung haben wir für den heutigen Tag einen Ausflug bei Candido Morais gebucht. Candido Morais ist ein langjährig erfahrener Taxiunternehmer und Stadtführer für Lissabon und Umgebung. Seine Heimatstadt bedeutet ihm sehr viel und ist der Mittelpunkt seines beruflichen und privaten Lebens. Gute Voraussetzungen für einen interessanten Ausflugstag.

Heute sind wir sechs Mitfahrer in seinem Mercedes Vito. Sonja und Gerd aus Köln, Margret und Reinhold aus dem Taunus sowie Anja und ich aus Hannover. 

Wie verabredet holt uns Candido um 10:00 Uhr direkt vor dem Terminal ab. Zuerst fahren wir hoch zu dem weniger besuchten Aussichtspunkt Miradouro da Senhora do Monte. Mit einem kleinen Garten liegt er wunderschön direkt neben der Kirche Nossa Senhora do Monte.  Das Beste ist die wirklich tolle Aussicht auf das Castelo de São Jorge, das Viertel Mouraria, bis hin zum Fluss Tejo oder dem Convento do Carmo auf dem Hügel auf der anderen Seite der Stadt.

Von hier aus fahren wir wieder runter in die engen Straßen der Altstadt und kommen zu den Plätzen 

Martim Moniz und Rossio. Herr Morais gibt unterwegs immer gute Erklärungen zu der Geschichte und aktuellen Situation in der Stadt Lissabon. Auf der Avenida da Liberdade fahren wir von der Unterstadt in die höher gelegenen Stadtviertel im Norden. Vorbild der ungefähr 1.5 km lange und 90 Meter breite Avenida ist die Champs-Élysées von Paris.

An der Parkanlage Jardim Amália Rodrigues ist ein kurzer Halt mit schöner Aussicht auf den Parque Eduardo VII, die Statue des ersten Marquis von Pombal, die  Avenida da Liberdade sowie den Tejo.

Nach dem kurzen Stopp fahren wir weiter, wir wollen auf die andere Seite des Tejo zur Cristo Rei-Statue.

Auf dem Weg fahren wir unter dem Aqueduto das Águas Livres hindurch. Das Aquädukt mit gotischen Bögen überspannt das Alcântara-Tal auf über 900 Metern. Kurz darauf fahren wir auf die "Ponte".

Zunächst überquerten die Autos auf vier Fahrstreifen den Fluss.  Erst seit 1999 wurde ein Eisenbahndeck mit zwei Bahngleisen eingerichtet und die Fahrspuren für die Autos wurden auf sechs erweitert.


Gleich neben der Brücke thront die Cristo-Rei Statue mit ausgestreckten Armen am südlichen Ufer des Tejo über Lissabon.

Auf dem Parkplatz unterhalb der Statue ist erstaunlich wenig los. Es ist bestes Wetter: Blauer Himmel und schon von der Aussichtsterrasse unterhalb der Jesusstatue haben wir einen wunderbaren Ausblick über den Fluss und die Stadt.

Da der Ausblick ja von der Terrasse schon super ist, überlege ich, ob es überhaupt noch notwendig ist auf die Statue hoch zu fahren. Unser Fahrer meint aber, wenn wir schon einmal da wären sollten wir es unbedingt machen.

Und Candido hatte recht!!

Mit dem Lift fahren wir hoch auf den 82 Meter hohen Sockel, über uns ragt  jetzt nur noch die 28 Meter hohe Statue empor. Die Statue ist die siebthöchste Christusstatue der Welt und steht eigentlich gar nicht in Lissabon, sondern ist die wichtigste Sehenswürdigkeit in Almada. Das sehen wir aber nicht so eng und sind nur beeindruckt.  Von hier oben ist Ausblick über den Tejo, Lissabon, Almada, rüber zum Torre de Belém, dem Seefahrerdenkmal und noch weiter bis hin zum Atlantik gigantisch.

Der Aufzug zur Aussichtsplattform kostet 5,-- Euro/Person und ist täglich von 9:30 bis 18:00 Uhr geöffnet. Bei gutem Wetter unbedingt besichtigen!!

Von hier geht es weiter in das gut 30 Kilometer entfernte Städtchen Sintra am Fuß des Naturpark Sintra-Cascais. Sintra diente vom 14. bis zum 20. Jahrhundert als Sommerresidenz der Könige und ist heute ein beliebtes Ausflugsziel der Lissaboner und Anziehungspunkt für Touristen. Obwohl keine Hauptsaison, ist hier um die Mittagszeit ordentlich Betrieb. Unser Fahrer findet einen Parkplatz gegenüber dem schönen Café Paris im historischen Zentrum gegenüber dem Palácio Nacional de Sintra. Der Königspalast besteht aus einem Konglomerat unterschiedlicher Baustile und seine konischen Schornsteine sind das Wahrzeichen von Sintra.

Wir haben eine halbe Stunde Zeit, um durch die engen Gassen zu bummeln. Viele der Geschäfte bieten regionale Spezialitäten zum Essen und Trinken an. Touristen, die ein Urlaubsandenken kaufen möchten, kommen in den überteuerten Andenkenläden nicht zu kurz. Je weiter wir uns vom Königspalast weg bewegen, umso menschenleerer werden die Gassen. Von einem Aussichtspunkt blicken wir von oben auf die Altstadt mit pastellfarbenen Herrenhäusern, Palästen und dem Rathaus, dessen Verzierungen an das goldene Zeitalter der Seefahrer erinnern sollen.

Für einen Besuch des Palácio da Pena,  eines der berühmtesten romantischen Bauwerke Portugals, haben wir leider nicht genügend Zeit. Das Schloss thront auf einem Berg oberhalb von Sintra und wird auch als "portugiesisches Neuschwanstein" bezeichnet.  

„Du musst unbedingt nach Sintra, wenn du in Lissabon bist!“, lautet nun auch unser guter Rat.


Von Sintra fahren wir um 13:00 Uhr weiter in Richtung Westen. So weit wie es auf dem europäischen Festland nur geht, denn das Cabo da Roca ist der westlichste Festlandspunkt des europäischen Kontinents.

Wahrzeichen über der 140 m hohen Felskante ist der markante rot-weiße Leuchtturm. Der 22 Meter hohe Leuchtturm ging 1772 in Betrieb und ist der drittälteste Leuchtturm an der portugiesischen Küste.

Auf dem großen  Parkplatz sind wir nicht alleine, Busse und PKW’s sind schon zahlreich eingetroffen und die Insassen verteilen sich auf die Wege am Kap und rund um den Leuchtturm. 

Im August 2017 standen wir gegenüber, am 3.589,53 km entfernten und östlichsten Punkt Nordamerikas, dem Cape Spear Leuchtturm. Bei dem tollen Wetter haben wir heute eine grandiose Aussicht auf den Atlantik. Cape Spear auf Neufundland, nur wenige Kilometer südöstlich von St.John’s, können wir am Horizont aber nicht ausmachen. Die “Letzte Bratwurst vor Amerika” gibt es hier am Cabo de Roca auch nicht. Die bekannte Wurst wird rund 360 km südlicher am Cabo da São Vicente, dem südwestlichsten Festlandspunkt an der Algarve, gegrillt.

Also suchen wir zur Stärkung ein anderes Lokal. Wir möchten ein typisches Restaurant für die Region abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Nach etwas Überlegen hat Candido Morais eine Idee. Er fährt mit uns zwar nicht bis an die Algarve, sondern an den Sandstrand von Guincho. Die Strände an dieser Küste zählen bei Surfern zu den besten Revieren der Welt für das Windsurfen. Wir sind jahreszeitlich etwas zu früh dran und das Surfcenter hat noch geschlossen.

Die Bar do Guincho oberhalb der Küste mit tollen Blick auf das Meer hat aber schon geöffnet. Wir nehmen auf der Terrasse Platz und bestellen am Tresen der Bar unser Essen. Alles wird frisch zubereitet und daher dauern einzelne Fischgerichte schon mal etwas länger. Aber wir haben ja Urlaub und genießen die südliche Sonne. Der Wind bläst allerdings noch recht frisch und eine Jacke kann nicht schaden. Die Muschelpfanne mit Gemüse und die Garnelenspieße schmecken sehr lecker. Vorne auf dem Felsen machen wir schnell ein Foto der portugiesischen Flagge und werfen einen Blick auf den noch leeren Strand. Im Sommer ist hier sicherlich mehr los.

Nach der Pause geht auf der Küstenstraße N247 weiter nach Cascais. Das ehemalige Fischerdorf ist heute ein lebhafter Badeort.

Wir haben etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit und bummeln durch die verkehrsberuhigte Rua Frederico Arouca mit eleganten Modeläden, Geschäften für Kunsthandwerk und Straßencafés. In der Altstadt befinden sich die mittelalterliche Festung Nossa Senhora da Luz, die schöne Kirche Nossa Senhora da Assunção und die ehemalige königliche Sommerresidenz.  Am Hafenbecken fotografieren wir die Bronzestatue einer Frauenfigur, die an die Entdeckungen der portugiesischen Seefahrer erinnert. Kurz nach 16 Uhr steigen wir in unser Taxi und wir fahren weiter nach Belém. Alles liegt auf dieser schönen Rundtour dicht beisammen. Belém ist von Cascais 20 Kilometer entfernt und Candido schafft die Strecke in 20 Minuten. 

Candido kennt sich aus und findet einen Parkplatz gegenüber der Klosterkirche Mosteiro dos Jerónimos. Zuerst wollen wir aber zu einer Bäckerei. Die ist im Gegensatz zu der Kirche kein Weltkulturerbe, aber trotzdem Magnet für Touristen und Einheimischen. Hier werden seit 1837 nach einem alten "Geheimrezept" aus dem Kloster die "Pastéis de Belém" hergestellt. 

Die kleinen Vanilletörtchen gibt es auch in Lissabon an jeder Ecke und sogar bei uns in Hannover in dem portugiesischen Cafés in sehr guter Qualität.

Doch hinter den blauen Markisen der „Pastelaria de Belém“ liegt die Geburtsstätte der Pastéis de Nata. Vor dem Verkaufsraum stehen die Menschen Schlange und warten geduldig darauf die Bestellung auf Portugiesisch, Englisch, Deutsch, Japanisch, Französisch ……. aufgeben zu können.

Wir schlängeln uns an voll besetzten Tischen vorbei und besichtigen das Café mit den weiß-blau gekachelten Wänden. Links an der Wand die Warteaschlange für einen freien Tisch.

In die Backstube kommen wir nicht, Zutritt ist verboten: „Oficina do Segredo“ steht auf einem Schild, Geheimwerkstatt. Nur drei der Bäcker kennen das über 180 Jahre alten Rezept der Mönche. Durch eine große Glasscheibe können wir aber die Bäcker beobachten, wie sie jeden Tag rund 20.000 der Törtchen backen.

Alles wird hier noch von Hand gemacht. An den langen Tischen rühren Frauen den Teig, Kollegen ziehen Teigrollen in die Länge und schneiden sie dann in Stücke. Am nächsten Tisch werden die Förmchen mit den Teig ausgelegt und kurz vorgebacken. Dann wird die Creme eingefüllt und die Bleche für 20 Minuten bei 400 Grad Celsius in den Ofen geschoben. Bis zu 900 Stück können so pro Stunde gebacken werden. 

Nach der kurzen Besichtigung der Bäckerei gehen wir ein paar Schritte und werfen einen kurzen Blick in das Mosteiro dos Jerónimos gegenüber dem Praça do Império. Das Kloster wurde kurz nach der Rückkehr Vasco da Gamas von seiner ersten Reise unter Manuel I erbaut und wurde 1544 nach 42 Jahren Bauzeit fertig. Der König Manuel I. fungiert als Namengeber für diese spezielle gotische Bauweise. Das Bauwerk gilt heute als das bedeutendste Bauwerk im manuelinischen Stil und seit 1983 zählt es zum Weltkulturerbe der UNESCO.  Eine längere, bestimmt auch lohnenswerte Besichtigung, sparen wir uns für einen nächsten Lissabonbesuch auf. Candido hat sich inzwischen einige der schmackhaften Pastéis besorgt, die wir draußen unter den Bäumen am Wagen genießen. Die Puddingfüllung ist noch etwas warm und schon nach dem ersten Bissen ist klar: Eines davon ist nicht genug.  Zum Glück hat Candido genügend der Kalorienbomben mitgebracht und es kommt unter uns kein Streit um die Verteilung auf. Aber wie oben schon erwähnt, auch in Lisboa gibt es hervorragende Bäckereien, in den wir die Pastéis de Nata getestet haben. Tipps dazu am morgigen Tag in Lissabon. Jetzt geht es erstmal zum nächsten Weltkulturerbe von Belém, dem Torre. Unser Fahrer hält fast direkt

vor dem Turm und überbrückt seine Wartezeit bei einem Plausch mit dem Polizisten. Der wacht darüber, das niemand auf die Idee kommt, das dortige absolute Parkverbot zu missachten.

Der Bau des 35 m hohen  Torre de Belém wurde, wie das Kloster, von dem portugiesischen König Manuel I. in Auftrag gegeben und diente seit seinem Bau im Jahr 1515 als Leuchtturm. Heutzutage haben Besucher von der obersten Etage eine schöne Aussicht über den Tejo mit der  Ponte 25 de Abril. 

Schnell ein Foto und dann noch rüber zum Denkmal der Entdeckungen. Das Padrão dos Descobrimentos am Ufer des Flusses Tejo  wurde 1960 zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer errichtet. 

Das Denkmal hat eine Höhe von 56 Metern und soll an das Zeitalter der Entdeckungen erinnern. Auf dem Platz vor dem Monument befindet sich eine Windrose mit einem Durchmesser von 50 Metern. Die  Weltkarte im Zentrum des Mosaiks zeigt die Routen der portugiesischen Entdecker im 15. und 16. Jahrhundert.

Langsam geht auch hier im Westen Europas die Sonne unter und Candido fährt mit uns zurück nach Lissabon. Aber noch nicht gleich zum Schiff, sondern zum Abschluss der achtstündigen Tour durch die engen Gassen der Alfama zu der Aussichtsterrasse Miradouro das Portas do Sol. Über die Dächer der Altstadt Alfama hinweg haben wir einen wunderschönen Blick auf die beleuchtete Mein Schiff 2.

Um 18:30 Uhr setzt uns Candido mit vielen Eindrücken am Terminal ab. Ein sehr schöner Tag mit tollem Reiseführer geht zu Ende. Für uns war es die richtige Entscheidung, am ersten Tag in Lissabon diese Rundtour gemacht zu haben. So haben wir jetzt die nächsten 2 tage noch genügend Zeit ein paar bestimmte Punkte noch genauer zu betrachten. Einiges wird aber sicher auch erst bei einer nächsten Städtereise nach Lissabon auf dem Programm stehen.

Die abwechslungsreiche Rundfahrt mit Candido Morais, dem deutschsprachigen Taxiunternehmer und Stadtführer, können wir sehr empfehlen. Er führt seine Kunden durch seine Heimatstadt Lissabon und nach vorheriger Absprache in die wunderschönen Orte in der nahen Umgebung wie Sintra, Cascais und zum Cabo da Roca.

 



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