Donnerstag, 31. August 2017
Hafen Charlottetown
Liegezeit: 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Beim Einlaufen in den Hafen von Charlottetown ist es noch dunkel. Kapitän Todd Burgman mit seiner Crew hat sich über Nacht beeilt und wir sind mit unserem Schiff schon etwas eher als geplant in Sichtweite des kleinen Hafens der Hauptstadt von Prince Edward Island angekommen.
Die beleuchtete Waterfront mit dem Convention Center lässt uns auch schon vor sieben Uhr erahnen, das Charlottetown sicherlich ein schöner Ort ist und die Mein Schiff 6 heute nicht weit vom Zentrum entfernt festmachen wird. Benannt wurde die Stadt mit ihren 35.000 Einwohnern zu Ehren der deutschen Prinzessin Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, der Gattin des einstigen englischen Königs Georg dem III.
Wir befinden uns hier in der kleinsten Provinz Kanadas - die Insel ist 224 Kilometer lang und an ihrer breitesten Stelle gerade mal 65 Kilometer lang. PEI hat auch den Namen "Kartoffelprovinz" , werden hier doch ein Drittel der Kartoffelernte in Canada erbracht. Im Norden der Insel herrschen lange Sandstrände, Dünen und Marschgebiete vor. Im Westen gibt es rote Sandsteinklippen mit zahlreichen Leuchttürmen zu sehen und im ländlicheren Südosten malerische Hafenorte.
Auch in Charlottetown ist unsere Reservierung für einen Wagen von Enterprise schon bestätigt. Ohne Kilometerbegrenzung kosten hier die Wagen in der Mittelklasse pro Tag ca. 67,-- Canadische Dollar, umgerechnet etwa 45,-- Euro.
Früh anlegen heißt für uns keine Zeit zu verlieren und früh von Bord. Die Sonne scheint bereits, als wir zusammen mit Ingolf & Kerstin wieder als Erste um kurz nach 7 Uhr die Mein Schiff 6 verlassen.
Im Terminal werden wir gleich von netten Einheimischen des Touristbüros empfangen und mit hilfreichem Tipps und guten Kartenmaterial zu Charlottetown und der Insel versorgt.
Die Station von Enterprise liegt in der 384 University Ave, nicht weit vom Hafen entfernt und ist somit gut zu Fuß für uns erreichbar. Auf dem 2 Kilometer langen Weg durch die Stadt bekommen wir einen ersten Eindruck von der eleganten viktorianischen Architektur des Ortes. 1867 wurde hier auf der Charlottetown-Konferenz der Herrschaftsbereich von Canada verkündet.
Nach 30 Minuten Fußweg erreichen wir die Station, übernehmen problemlos den Wagen und können bereits kurz nach 8:00 Uhr zu unserer Rundreise über die Insel starten. Zeit genug haben wir heute für unsere Tour, denn wir müssen erst um 17.30 Uhr wieder zurück an Bord sein. Auf der St. Peters Road, auch Veteran’s Memorial Highway genannten Straße Nummer 2 kommen wir an Orten bzw. Ansammlungen einzelner Häuser wie Dunstaffnage,Tracadie, Canavoy und Morell vorbei. Die Landschaft erinnert heute ein wenig an Dänemark. Kleine Hügel, zahlreiche Flüsse und Seen, grüne Weiden mit Kühen und ganz viele Kartoffelfelder beherrschen heute das Landschaftsbild.
Nach ca. 50 Kilometern erreichen wir den etwas größeren Ort Saint Peter’s Bay, hier ist die Straße zu dem Prince Edward Island National Park bei Greenwich schon ausgeschildert. Wenige Kilometer nach Saint Peter’s Bay geht die asphaltierte Straße in eine gut befahrbare Schotterpiste über. Am Ende der Stichstraße steigen wir an einem kleinen Wanderparkplatz aus und machen uns zu Fuß auf in die Natur. Wir sind hier in dem östlichsten Teil des Nationalparks, denn der 1937 gegründete Park erstreckt sich über eine Länge von etwa 60 km. Die drei Teilgebiete Cavendish, Brackley-Dalvay und Greenwich haben eine Fläche von rund 22 km² und bilden so den zweitkleinsten Nationalpark in Kanada. Der Bereich um Greenwich ist erst seit 1998 Bestandteil des PEI National Park.
Auf dem gut ausgebauten Wanderweg haben wir immer einen Blick auf die St Peters Bay, die hier einen ca.15 kilometer langen Fjord bildet. Für die Fischer eine ideale Bucht zum Aufstellen ihrer Reusen.
Nach einer guten halben Stunde durch einen kleinen Wald sind wir plötzlich auf dem Holzweg, der ein paar Meter weiter zum Schwimmsteg über einen kleinen See wird. Das Holz des Steges riecht noch wie neu, lange steht der Holzplankenweg hier noch nicht in der wunderschönen Natur. Wir sind auf dem Greenwich Dunes Trail fast alleine unterwegs und treffen kaum andere Wanderer auf unserem kleinen Spaziergang. Am Ende des Schwimmsteges trennen die bis zu 20 m hohen u-förmig geschwungenen Sanddünen den See vom Meer. Die Sandgebirge werden ständig vom Wind verändert und weisen nur einen spärlichen Bewuchs auf. Leider schaffen wir es zeitlich nicht mehr bis dorthin, denn wir wollen ja noch mehr von der Insel sehen.
Auf dem Weg zurück zum Auto begegnen wir nur einer Familie mit ihren Kindern. Ein wunderbar ruhiger Ort zum Entspannen, den man sich für ein Wiederkommen irgendwann in ferner Zukunft mal merken kann.
Auf dem Veteran’s Memorial Highway müssen wir jetzt wieder zurück bis kurz vor Dunstaffnage und biegen rechts ab auf die Straße Nr. 6 in Richtung Dalvay by the Sea. Direkt hinter den Dünen fahren wir auf dem Gulf Shore Parkway und halten ab und an für einen kurzen Fotostopp. Hinter den Dünen sind einsame, lange Strände mit Sanddünen als Naturkulisse. Badegäste treffen in den Sommermonaten Juli und August auf angenehme Wassertemperaturen von ca. 22 Grad Celsius. Das sehr milde Klima des Nationalpark Prince Edward Island ist den warmen Ozeanwinden und dem Golfstrom zu verdanken. Badesachen haben wir nicht mit, der Wind ist auch etwas frisch. Ob auch Prinz William & Kate bei ihrer königlichen Flitterwochen-Tour im Sommer 2011 hier auf PEI gebadet haben?
Auf der linken Straßenseite liegen hinter dem kleinen Örtchen Stanhope by the Sea die Covehead Bay und die Brackley Bay. Geradeaus führt eine Straße zum Robinson Island Trail, eine Landzunge an der Rustico Bay gegenüber dem Ort South Rustico. Die Straße ist aber eine Sackgasse, eine Brücke über die Bay gibt es hier nicht. Sicherlich kann man hier aber schön wandern, Radfahren oder im Sommer ein Bad in der Sonne oder Meer nehmen.
Wir wenden und fahren über South Rustico nach North Rustico Harbour. Die Fischereiindustrie ist immer noch der wichtigste wirtschaftliche Faktor von Rustico. Hummerfischen ist der Schwerpunkt für einen Großteil der Flotte mit etwa 40 Schiffen. In der Hauptsaison im Mai und Juni kann der frische P.E.I Hummer in einem Fischmarkt am Hafen oder direkt von den Booten gekauft werden. Es gibt hier genügend Restaurants um die frischen Meeresfrüchte von Prince Edward Island zu genießen.
Wir entscheiden uns für das kleine Restaurant “On the Dock”. Auf der Terrasse bekommen wir noch einen freien Tisch unter dem Sonnenschirm direkt am Wasser und bestellen uns ein Lobster-Sandwich, Muscheln sowie leckere Pommes aus natürlich P.E.I.-Kartoffeln. Wir waren zufrieden und konnten noch einen kleinen Spaziergang zum nahen Leuchtturm von North Rustico Harbor machen, der seit 1876 mit seinem Licht den Fischern den Weg zurück in den sicheren Hafen weist.
Hier war inzwischen auch ein Bus mit TUI-Passagieren angekommen.
Bevor wir uns gut gestärkt auf den Rückweg nach Charlottetown machen, fahren wir noch ein Stück auf der Straße Nr. 6 nach Cavendish. Hier gibt es einen Touristenmagneten für die hauptsächlich aus Kanada und den USA stammenden Reisenden. Bei uns ist die Geschichte von der Märchenfigur Anne nicht so bekannt wie hier in Kanada, die der bei uns bekannteren Pippi Langstrumpf ähnelt. Der Parkplatz bei der Anne of Green Gables Historic Site ist auf jeden Fall der größte, den wir bisher auf unseren Rundtouren befahren haben.
Das viktorianische Landhaus, inmitten eines schönes Parks gelegen, war Inspiration für die Autorin L. M. Montgomery, ihre temperamentvolle Märchenfigur Anne hier aufwachsen zu lassen. Aus dieser Idee entstanden die Erzählungen rund um Anne of Green Gables, die bis heute als erfolgreichste kanadische Bücher aller Zeiten gelten. Auf dem Areal befinden sich neben dem Landhaus, das nach Erzählungen aus dem Buch detailgetreu eingerichtet wurde, ein paar Scheunen und Ställe in denen man mehr über das Leben zu Anfang des letzten Jahrhunderts erfahren kann. Da auch hier der Eintritt dieses Jahr frei ist, machen wir einen kleinen Rundgang über das Gelände und schauen in die Gebäude. Leider macht jetzt gerade der Akku meiner Kamera schlapp und für den Moment ist mit Fotos erstmal Ende. Für später liegt aber noch ein aufgeladener Ersatz im Auto bereit.
Auf gut ausgebauten Straßen fahren wir nach einer halben Stunde Aufenthalt zurück nach Charlottetown, denn dort wollen wir ja auch noch einen Stadtrundgang machen.
Nach 214 km endet unsere schöne Tour gegen 15 Uhr wieder an der Mietwagenstation. Gleich bei der Mietwagenstation starten wir zum Abschluss noch einen kleinen Spaziergang durch Charlottetown. Wir gehen nicht entlang der viel befahrenen University Avenue und der Great George Street sondern halten uns mehr an die kleineren, schöneren und ruhigeren Seitenstraßen in Richtung Zentrum.
Hier ist das dreistöckige Province House, das Parlamentsgebäude der Provinz Prince Edward Island, nicht zu übersehen. Im September 1864 war das Gebäude Tagungsort der Charlottetown-Konferenz. Anwesend waren Vertreter verschiedener Kolonien in Britisch-Nordamerika, die damals den möglichen Zusammenschluss zu einer Kanadischen Konföderation besprachen. Nicht zu übersehen ist auch der Bauzaun, auf dem 150 jährige Geschichte mit großen Bildern und Erläuterungen erklärt wird.
Am 1. Juli 1867 führten diese Gespräche letztendlich zur Gründung des Bundesstaates Kanada. Aus drei britischen Kolonien wurden vier kanadische Provinzen gebildet: Die britische Provinz Kanada wurde in die neuen kanadischen Provinzen Ontario und Québec geteilt, aus den britischen Kolonien New Brunswick und Nova Scotia wurden die heutigen gleichnamigen kanadische Provinzen.
Das 150 jährige Bestehen hat bei unseren Besuchen auf den Inseln auch den großen Vorteil, dass alle Eintritte in Museen und Nationalparks in diesem Jahr kostenfrei sind.
Gleich nebenan steht das große Konföderationszentrum im Herzen von Charlottetown. Der massive Baukörper aus Sandstein wirkt auf den ersten Blick ein bisschen einschüchternd und zu groß für den Ort. Im Innern beherbergt das Gebäude die Confederation Center Art Gallery mit zeitgenössischen Kunstausstellungen und Live-Theater. Natürlich wird hier auch das Musical von Anne von Green Gables - The Musical gespielt und für Essen und Trinken sorgen Restaurants und Cafés.
An der Ecke Queen Street/Crafton Street soll es das beste Eis in Charlottetown, PEI, Kanadas bzw. sogar der ganzen Welt geben. In dieser Filiale von Cows an der Ecke hat sich schon eine lange Schlange gebildet an der wir uns nur kurz anstellen und dann entscheiden: Unser Schiff wollen wir wegen einer Kugel Eis dann doch nicht verpassen. So schlendern wir ohne uns die Kugel zu geben die Queen Street hinunter in Richtung Convention Center am Hafen.
Die geschwungene Bauweise des Veranstaltungszentrums passt sich gut in die Umgebung ein und gefällt mir gut. Von der Promenade noch ein Blick rüber zu der Mein Schiff 6 und auch die überdimensionale 2017 und die roten Stühle dürfen hier nicht fehlen.
An der Waterfront gibt es ebenfalls eine Eiskugelverkaufsstelle von Cows, nicht ganz so überlaufen wie in der Stadtmitte.
Die Auswahl an "speziellen" Sorten ist groß und bezahlt wird nach Gewicht. Ich entscheide mich für BROWNIE EXPLOSION, CHOCOLATE MONSTER und CHOCOLATE CHEESECAKE. Das Eis ist nicht gerade günstig, aber einen Versuch wert. An unsere Lieblingseisdiele in Berlin kommt der Geschmack der Eiskugeln aber nicht ran.
Jetzt aber zurück zum Schiff. Auf der Promenade überholt uns noch die TUI-Ausflugsgruppe auf ihren Fahrrädern. Nicht gerade eine gute Idee hier auf dem schmalen Fußweg lang zusausen.
Vor dem Abendessen lassen wir uns noch von Lektor Marcus Kummerer auf die Sehenswürdigkeiten von Halifax einstimmen. vielleicht können wir ja noch eine gute Idee für unseren Ausflug mitnehmen.
Beim Auslaufen aus der Bucht von Charlottetown sind wir wieder oben in der X-Lounge. Rechts und links sind gut die roten Steilküsten zu erkennen, an exponierten Stellen stehen schöne “Häuschen”. Bis hierher haben wir es heute nicht geschafft. Leider kann man an einem Tag nicht alles erkunden, trotzdem haben wir aber wieder viel gesehen und erlebt ohne das ganze in Streß ausarten zu lassen.
Zum Prime Rib Steak mit Kartoffelkroketten, grünen Bohnen, Rosmarintomaten und Meerrettichjus lassen wir uns ein Gläschen Rotwein aus Chile schmecken.
Beim Dessert wie dem slowenischen "Prekmuska gibanica", einem Schichtkuchen mit Mohn, Walnüssen, Äpfeln, Rosinen und Ricotta lässt sich über die Pläne für den morgigen Tag in Sydney bestens unterhalten.
Der Gang zum Käsebuffet sorgt dann zum Abschluss für die nötige Bettschwere, das Schiff soll ja nicht so schwanken die Nacht ;-).
weiter geht's nach Sydney / Ostkanada (nicht Australien) >>