Paradise Bay & Port Lockroy

Sonntag, 29. Dezember 2012

Der Vortrag am gestrigen Abend von Heinz Ahammer über Bau und Inbetriebnahme der deutschen Forschungsstation Neumayer III war sehr interessant. Der Bau dieser Stationen kann ja nur in den Sommermonaten durchgeführt werden. Zwischen den Bauphasen ist im langen Winter dann erstmal Schicht im Schacht. Aber auch in den Sommermonaten machen Wind und Schnee zu schaffen und können innerhalb kürzester Zeit alles wieder zuwehen. Oder das anliefernde Schiff liegt vier Wochen im Eis fest und kann nicht entladen werden.

In der Nacht habe ich wieder keine Wellen gespürt, es ist also ruhige See.

Paradise Bay, Antarktische Halbinsel: 07:00 - 12:00 Uhr

Nach 143 nm oder auch 266 Km sind wir ab ca. 6:00 Uhr in die Paradise Bay eingelaufen, denn sie wird auf kaum einer Antarktiskreuzfahrt ausgelassen. Das sie ihren Namen zu recht tragen soll, wollen wir heute selber feststellen. Ihren Namen gaben ihr die sonst wenig zur Sentimentalität neigenden Walfänger. Sie sahen in dem vergletscherten Gebirgspanorama ein in Eis erstarrtes Paradies.

Die Paradiesbucht liegt an der Westseite der Antarktischen Halbinsel und wird nach Westen von der Gerlache-Straße durch die Bryde-, Lemaire- und Bruce-Insel getrennt. Es gibt zwei Stationen, die 1951 errichtete chilenische Station Gonzáles Videla und die argentinische Station Base Brown.

Um 7:00 Uhr wird der Anker fallen gelassen. Ich war vorher schon einmal oben an Deck und habe beobachtet, wie sich die Bremen langsam ihren Weg bahnt. Denn es liegen doch schon einige Eisbrocken im Weg die eine "kleine" Beule verursachen könnten. Zwei etwas kleinere Schiffe sind schon vor uns da. Die amerikanische "Expedition" kommt uns entgegen und die russische "Corinthian II" liegt vor Anker.

Gruppe Blau ist heute wieder früh dran und um 7:30 Uhr starte ich im zweiten Zodiac auf eine Rundtour durch die Bucht. Es sind +4°C, windstill, etwas bedeckt und keine Wellen.

Die Sonne kommt leider nicht durch, aber so ist es auch schon sehr schön. Mit dem Zodiac gleiten wir durch die kleinen Eisschollen, an Eisbergen vorbei zu den großen Gletschern. Die Abbruchkanten sind schon riesig, durchsetzt von dicken Rissen. Wir halten gebührend Abstand, denn ein Abbruch gebe schon eine ordentliche Welle. Neben dem Boot springen immer wieder Pinguine auf ihrer Jagd nach Nahrung aus dem Wasser heraus.

Über Funk bekommen wir die Nachricht, das zwei Wale gesichtet wurden. Ca. 500m entfernt sehen wir auch Wellen, mal eine Rückenflosse und auch den Kopf aus dem Wasser sehen. Mit den Schlauchbooten kommen wir nicht näher ran. Es sind wohl zwei Wale, die heute nicht neugierig sind und auch keine Lust haben auf uns zu warten. Schade!

 

Nach 90 Minuten betreten wir antarktisches Festland an der ebenfalls 1951 errichteten argentinischen Station, die nach einem Admiral Brown benannt wurde. 1984 fiel die Station einer Brandstiftung des Stationsarztes zum Opfer. Der Arzt sollte noch ein Jahr länger dort bleiben als geplant. Um dem zu entgehen fiel im als Ausweg nur ein, die Station in Schutt und Asche zu legen. Die Mannschaft konnte von amerikanischen Kollegen der Palmer Station gerettet werden.

Die Station wurde später wieder aufgebaut, war lange unbesetzt und wird jetzt wieder in Betrieb genommen. Einen tollen Blick über die Bucht und die angrenzenden Gletscher hat man von einem kleinen Gipfel, den wir in einer 15minütigen Wanderung durch Schnee erreichen. Unten spazieren die Felsenpinguine zwischen den Baracken der Argentinier umher und lassen sich durch uns nicht stören. Auf einen ihrer Wege lege ich meine Videokamera.Drei Felsenpinguine latschen dran vorbei ohne die Kamera umzutreten. Gleich mal sehen ob die Aufnahmen was geworden sind. Ja, sieht gut aus. Stolpern im Abstand von wenigen Zentimetern vorbei, der Matsch spritzt bis auf das Objektiv der Kamera ;-).

 

Gegen 10:00 Uhr geht es wieder zurück zum Schiff, denn die anderen Gruppen wollen ja auch noch mal dran kommen. Nachdem alle wieder an Bord sind geht es um 12:00 Uhr wieder raus aus der schönen Paradis Bay, denn gegen 15:00 Uhr wollen wir Port Lockroy erreichen.

Am Mittagsbüfett gibt es heute Emsländer Grünkohl! Ich verzichte und lasse lieber Platz für das Abendessen.

 

 

Port Lockroy, Goudier Island: 15:00 - 19:00 Uhr

Port Lockroy liegt am Neumayer-Kanal. Der Kanal ist eine Meerenge im Palmer-Archipel vor der Antarktischen Halbinsel und hat eine Länge von 26 Km in NO-SW-Richtung und ist 2,4 Km breit. Der Neumayer-Kanal hat majestätische Klippen. Es wird gesagt, er sei wie ein Labyrinth mit nicht sichtbaren Ausgängen wegen seines S-förmigen Verlaufs. Ein- und Ausgang des Kanals haben scharfe Biegungen. In den Buchten soll man häufig Wale antreffen, ich bin gespannt ob wir bei der Passage mehr Glück haben als am heutigen Morgen.

Felsenpinguine unter britischer Flagge: Port Lockroy

1944 wurde in Port Lockroy von den Briten die "Base A" errichtet, um die Versorgung der in der Gegend arbeitenden Feldforscher zu sichern. In einer der Hütten ist ein kleines Museum mit Shop eingerichtet; es werden dort Aufnäher, Aufkleber, Briefmarken und Postkarten verkauft. US$, Euro und neuerdings auch Kreditkarten werden dort akzeptiert. Post kann auch im südlichsten Postamt der Welt aufgegeben werden, sofern diese nicht eilig ist.

Mal sehen wann meine beiden Postkarten bei den Empfängern ankommen.

Bevölkert wird Port Lockroy auch noch von Eselspinguinen, Blauaugen-Kormoranen, Raubmöwen und einer großen Anzahl vom Weiß-Gesicht-Scheidenschnabel.

Etwas eher als geplant fällt um 14:45 Uhr der Anker vor Port Lockroy. Es hat sich etwas zugezogen bei +3°C. Die Wolkendecke ist dicht, aber es regnet oder schneit nicht. Was will man mehr? Sonne wäre nicht schlecht, aber wir bekommen nicht alle unsere Wünsche vom Kapitän erfüllt. So können wir bei dem lauen Lüftchen aber wenigstens problemlos anlanden!

Wegen der örtlichen Gegebenheiten, es ist in Port Lockroy alles nicht sehr groß und nicht so weitläufig, werden wir in 4 Gruppen ausgebootet und haben jeweils 45 Minuten Zeit. 15:50 Uhr ist die Startzeit für die Gruppe Blau.

Auf der Station leben zur Zeit vier junge Leute, die das Bransfield House, die Post und den kleinen Gift-Shop betreiben. Es ist alles super hergerichtet und man kann sich nicht so richtig vorstellen wie hier gelebt wurde. Bis vor einigen Jahren betrieb Rick die Poststation und den Laden und wohnte in den kargen Räumen (ohne Heizung) mit drei Frauen. Inzwischen sind neue Unterkünfte errichtet worden und das Bransfield House dient nur noch als Museum.

Um das Gebäude herum und teilweise auch darunter bewohnen Felsenpinguine den harten Untergrund. Vom Mindestabstand 5m haben die hier auch noch nichts gehört ;-).

Leider haben wir nur die insgesamt 45 Minuten auf dem Felsen Zeit bis die nächste Gruppe uns ablösen kommt. Aber noch Zeit genug um auf einer Eisscholle eines der gefährlichsten Tiere der Antarktis zu beobachten; einen Seeleoparden. Er hat sich wohl nach dem Verspeisen einiger Pinguine eine kleine Mittagspause gegönnt, fühlt sich jetzt beobachtet, gleitet mehr oder weniger elegant von der Scholle und verschwindet im tiefen Wasser. Dann möchte ich doch lieber einer Pelzrobbe ausweichen müssen!

Um 20 Minuten vor 5 sind wir wieder an Bord. Schnell die Schwimmwesten und Parka ablegen, Stiefel und Regenhose aus. So bleiben noch ein paar Minuten um im Club zur Kaffeezeit noch zwei Cappuccino zu genießen.

 

Zur Abendessenszeit geht es dann weiter Richtung Petermann Island, 30 nm entfernt.

Was uns dort als Programm erwartet erfahren wir durch unseren Expeditionsleiter heute erst nach dem Abendessen zwischen 21:15 und 22:00 Uhr. Ihr lieben Leser also wohl erst morgen! Gerne rufe ich euch nach Ende der Info gerne an, das wäre dann 2:00 Uhr Hannover-Zeit ;-). Gute Nacht!